Deutsches Modellvorhaben findet große Beachtung im Ausland
Kleingruppenhaltung: Sehr gute Ergebnisse
Mittlerweile werden diese praxisreifen Systeme der Ausgestalteten Käfige zur Kleingruppenhaltung von Legehennen bereits in 6 EU-Ländern eingesetzt.
Der Ausgestaltete Käfig
In der EU sind von Januar 2003 an alle Neubauten zur Haltung von Legehennen in Käfigen gemäß der EU-Richtlinie 1999/74/EG mit sogenannten „Ausgestalteten Käfigen“ auszurüsten. Im Vergleich zur herkömmlichen Käfighaltung, wo normalerweise 4 bis 6 Legehennen in einem Käfig gehalten werden, werden die Legehennen dabei in Kleingruppen von 10 bis 60 Tieren gehalten. Die Gruppenkäfige sind wesentlich größer als herkömmliche Käfigbatterien und sind zudem mit einem Nest, Sitzstangen, Krallenabnutzern und einem Bad oder einer Matte zum Sandbaden ausgestaltet.
Anfang 2000 wurde auf Initiative der Geflügelwirtschaft ein Modellvorhaben zur Kleingruppenhaltung gestartet, das von der Bundesregierung teilfinanziert wird. An unterschiedlichen Standorten in Deutschland wurden sechs Ställe als Pilot-Anlagen mit Ausgestalteten Käfigen ausgerüstet, um diese Systeme unter Praxisbedingungen zu prüfen. Die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft FAL und die Tierärztliche Hochschule Hannover koordinieren das Projekt und nehmen die wissenschaftlichen Auswertungen vor. Untersucht werden dabei die Produktionstechnik, die Arbeitsplatzqualität, die Produktqualität, die Umweltbeeinflussung, die Wirtschaftlichkeit sowie das Tierverhalten und die Tiergesundheit. Im Verlauf des Projektes sollen die ausgewerteten Ergebnisse dann von der EU in 2005 für weitere Entscheidungen zur Legehennenhaltung berücksichtigt werden. In Deutschland sollten vor einer Änderung der Legehennen-Haltungsverordnung ursprünglich die in diesem Projekt erzielten Ergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse ausgewertet und berücksichtigt werden. Mittlerweile ist jedoch vorab entschieden worden, nicht nur die herkömmliche Käfighaltung, sondern auch diese neue Form der Kleingruppenhaltung in Ausgestalteten Käfigen von 2007 an zu verbieten. In den übrigen EU-Ländern wird die beschlossenen Richtlinien grundsätzlich eingehalten und zukünftig der Ausgestaltete Käfig verwendet werden. Daher könne die gewonnenen Erkenntnisse aus diesem Projekt zumindest von diesen Ländern verwendet werden.
Der Stall Wesselkamp
Eine Sonderstellung unter den beteiligten Farmen in Deutschland nimmt der Stall Wesselkamp in Niedersachsen ein, da dort in einem Legestall unter gleichen Bedingungen (Stall, Klima, Legehennenrassen, etc.) drei verschiedene Systeme installiert sind. Der Stall mit rund achttausend Tieren wird von der Deutschen Frühstücksei GmbH betrieben und ist von der in Vechta-Calveslage (Niedersachsen) ansässigen Big Dutchman International GmbH komplett eingerichtet worden. Installiert wurden die Systeme Eurovent 500A-EU, Eurovent 625A-EU und die Aviplus, ein Modell, das bereits seit mehreren Jahren u.a. in Schweden verwendet wird.
Die drei eingebauten Systeme wurden jeweils mit braunen und weißen Legehennen belegt, um zu prüfen, ob einzelne Systemvarianten besonders vorteilhaft auf die jeweilige Rasse abgestimmt sind. Eingesetzt wurden außerdem unterschiedliche Krallenabnutzer, unterschiedliche Matten für das Nest, unterschiedliche Modelle für das Sandbad und im 1. Durchgang wurden verschiedene Gruppengrößen (8, 10, 16, 20 Tiere) untersucht. Insgesamt wurden 24 verschiedene Varianten in diesem Anlage zusammengestellt.
Ergebnisse vom ersten Durchgang 2001/2002
Im Mai 2001 wurden die Hennen ein- und im Juni 2002 ausgestallt, die Daten wurden für einen Zeitraum von 52 Wochen (bzw. 363 Tage) täglich vor Ort vom Farmpersonal erhoben und aufgezeichnet.
Die Legeleistung
Die Legeleistung pro Anfangshenne (Zahl der anfangs eingestallten Henne) war in den drei Systemen sehr hoch und lag bei durchschnittlich 310,9 Eiern, wobei die Einzelergebnisse zwischen 297 bis 324 Eiern lagen. Selbstverständlich werden für eine gesicherte Aussage noch die weiteren Durchgänge ausgewertet, jedoch kann schon jetzt erwartet werden, daß mit diesen neuen Haltungssystemen hohe Tierleistungen und eine sehr hohe Produktqualität erzielt werden können.
Die Tierverluste
Die Tierverluste lagen bei der Eurovent 500 im Untersuchungszeitraum bei 7,5%. Bei der Eurovent 625 und bei der Aviplus lagen die Verluste mit weniger als 0,5% pro Monat auf einem erfreulich niedrigen Niveau.
Der Anteil an Knick- und Brucheiern
Der Anteil an Knick- und Brucheiern ist ein wichtiger Indikator für die Qualität der Anlage, d.h. die Werte spiegeln wieder, ob die Anordnung der Baugruppen und die Abrollwege der Eier gut aufeinander abgestimmt sind und ob somit eine hohe Ei- bzw. eine hohe Produktqualität erzielt werden kann. Hier lagen die Werte in den ersten beiden Wochen nach dem Legebeginn bei 1,5 – 2,3% und nahmen im Verlauf der Legeperiode bis zur 45. Woche ab. Das zeigt, daß die Nester und die Nestmatten offensichtlich sehr gut aufeinander abgestimmt sind und optimal von den Tieren angenommen werden und die Eier über das Nest in die Eierrinne und von dort bis zum Sammeltisch schonend transportiert werden. Über die gesamte Periode betrachtet lag der Anteil an Knick- und Brucheiern im Durchschnitt bei nur 0,6%.
Der Anteil an Schmutzeiern
Während der Legeperiode stieg der Anteil an Schmutzeiern nur geringfügig an und betrug durchschnittlich Anteil 2,3%, so dass auch in diesem Bereich ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden konnte. Die Konstruktion und die Anordnung des Nestes sind sehr gut und die verwendeten Nestmatten gewährleisten sichere Abrollwege der Eier.
Abschließende Resultate zur Arbeitsplatzqualität, Produktqualität, Umweltbeeinflussung sowie zum Tierverhalten und zur Tiergesundheit sind von den beteiligten Instituten erst in 2005 zu erwarten, denn zu einer kompletten und wissenschaftlich verwertbaren Auswertung gehören lückenlose Daten aus mehreren Durchgängen Im vergangenen Juni sind hierzu allerdings bereits Zwischenergebnisse vorgestellt worden, die bestätigen, daß sich die Kleingruppenhaltung in der Praxis durchaus bewährt hat.
Der aktuelle Durchgang 2002/2003
Mit den Erfahrungen aus den ersten 12 Monaten sind im Stall Wesselkamp nach dem ersten Durchgang einige technische Veränderungen vorgenommen worden. Im 2. Durchgang wird jetzt ein neues System, die Eurovent 625a+, mit Abteilen für 40 und 60 Tieren eingesetzt. Die Abteile sind 2,40 m bzw. 3,60 m breit und 1,25 m tief. In diesen großen Einheiten kann die Ausgestaltung so angeordnet werden, daß dem einzelnen Tier längere Wege und ein größerer Aktionsradius zur Verfügung stehen. Einige Varianten sind mit zusätzlicher Beleuchtung ausgerüstet worden. Die Matten, die die Hennen zum Sandbaden nutzen, werden damit angestrahlt, um so zu prüfen, ob die Tiere bevorzugt im Licht ‚baden‘ oder ob sie unabhängig von der Lichtintensität die Matten zum Sandbaden aufsuchen.
Nach wie vor wird in der internationalen Fachwelt diskutiert, ob Einheiten mit maximal 20 Hennen optimal sind und ob bei Einheiten mit 40 und mehr Tieren verhaltensbedingte Probleme zu erwarten sind. Im Stall Wesselkamp sind in diesem Umfang zum ersten Mal 4 unterschiedliche Herdengrößen unter gleichen Bedingungen eingestallt. Daher wird mit Interesse verfolgt, welche Größe sowohl vom Tierverhalten und der Tiergesundheit als auch von der Produktionsleistung her gesehen, das beste Resultat erzielen wird. Aktuell liegen die unterschiedlichen Varianten auf einem sehr hohen Niveau noch Kopf-an-Kopf.
Der Ausgestaltete Käfig hat sich in der Praxis bewährt. Im Stall Wesselkamp konnten mit unterschiedlichen Modellen gute bis sehr gute Produktionsleistungen erzielt werden.
Mittlerweile ist in Deutschland aber im Zuge der Neuregelung der Legehennenhaltung entschieden worden, den Ausgestalteten Käfig zu verbieten. Die Auswertung der erhobenen umfangreichen Daten dieses Projekts, wie sie für 2005 vorgesehen war, ist bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigt worden und nach dem Beschluss des BMVEL ist der Ausgestaltete Käfig keine Alternative für die deutschen Hennenhalter.
In den übrigen EU-Ländern wird das Projekt Wesselkamp allerdings nach wie vor aufmerksam verfolgt, denn unsere Nachbarn dort wollen die erworbenen Daten zur Entscheidungshilfe bei geplanten Investitionen berücksichtigen.
Big Dutchman betreut den Stall Wesselkamp aufmerksam und mit hohem Aufwand weiter – auch über das Jahr 2003 hinaus, denn der Projektstall kann voraussichtlich bis 2012 betrieben werden. Die Konstrukteure und Produktentwickler des weltweit führenden Stalleinrichters nutzen die verbliebene Möglichkeit, den Ausgestalteten Käfig unter Praxisbedingungen fortlaufend zu kontrollieren, auf hohem Niveau weiter zu entwickeln und technische Details zu erproben.
Viele fachkundige Interessenten aus nahezu allen Ländern der EU besichtigen mittlerweile den Stall, um sich über den Stand der Technik und die dort erzielten Resultate zu informieren. Ganz Europa interessiert sich für Wesselkamp.
Dipl.-Ing. agr. Thomas Berg, Vechta
Marketing Assistent Big Dutchman International GmbH