Putenmäster können eine Menge tun, um ihre Tiere auch in älteren Ställen gut und gesund zu mästen. Zur Veranstaltung „Putenmast – Anforderungen, Mittel und Wege zum Erfolg“ luden mehrere Unternehmen am 10. März nach Vechta ein. Siegbert Bullermann (Fa. Big Dutchman) stellte heraus, wie bedeutsam exakte Daten sind. Sind Futterwaagen bei Hähnchenmästern bereits selbstverständlich, würden nur etwa 50 % der Putenmäster diese Waage im Stall nutzen, schätzte Bullermann ein. Wenn man aber weiß, wie viel die Puten gefressen haben, lassen sich Zuwachs, Uniformität, Agilität und Gesundheitszustand der Tiere besser beurteilen und man kann Fehlentwicklungen früh entgegensteuern.
Futter und Wasser – im richtigen Verhältnis
Auch der Wasserverbrauch spiegelt den Zustand der Herde wider: Ist der Wasserdurchlauf in den Tränken zu gering und es ist zu wenig Wasser verfügbar, reduzieren Puten die Futteraufnahme. Dann fressen die Tiere trotz gefüllter Futterlinien nicht genug und machen nicht selten einen kränklichen Eindruck. Exaktes Verwiegen des Futters zeigt den Verbrauch und ermöglicht ein Verschneiden des Futters sowie die Getreidebeifütterung. Die Ergänzungsfütterung mit eigenem Getreide geht aber nur mit einer richtig kalibrierten Waage. „Auch wenn die Technik oft in Ordnung ist“, so Bullermann, „bei der Auswertung der Daten ist Luft nach oben.“ Eine Futterzentrale (mit Futterannahme außerhalb vom Zaun) kann dabei für mehrere Ställe dienen.
Luftführung optimieren
Auch CO2-Konzentration, Luftfeuchte und etwaige Zugluft sollten gemessen werden. Puten reagieren auf zu hohe CO2-Gehalte in der Luft empfindlicher als Hähnchen. Der natürlich gelüftete Stall habe Vorteile im Sommer, er verursache geringe Stromkosten und habe kaum Zugluftprobleme, sagte Bullermann. Der mechanisch gelüftete Stall punkte im Winter aufgrund geringer Heizkosten und relativ trockener Einstreu. Die Idee ist eine Kombination aus beidem: Bei der mechanischen Lüftung bleibt die Luftbewegung im Tierbereich akzeptabel. Die Zuluft wird durch Unterdruck gesteuert. Die Abluft wird kontrolliert abgeführt; dafür können die vorhandenen Abluftschächte gut genutzt werden – auch in Altgebäuden sind die Umbaukosten also vertretbar.
Bei natürlicher Lüftung lässt sich der Wärmeüberschuss im Sommer kostengünstig abführen. Große Öffnungen bringen gute Luft in den Stall bei geringen Luftgeschwindigkeiten. Ziel sind kontrollierte Luftbewegungen im Tierbereich; so lässt sich die Sprühkühlung wirksam einsetzen. Bei Kombination beider Verfahren vermischen sich kalte und warme Luft unter der Decke. Es fällt keine kalte Luft auf die Tiere und die Einstreu bleibt verhältnismäßig trocken, da keine Luft kondensiert. „120 000 m3 Abluft pro Stunde reichen für 6 000 Hähne aus, um die Minimumlüftung zu gewährleisten“, so Bullermann. „Und Herbst- und Winterstürme übersteht man mit geschlossenen Jalousien gut.“
Eine gezielte Ausleuchtung des Stalles mit modernen dimmbaren LED-Leuchten hilft überdies, die Stallbereiche (Futter/Wasser, Aktivität/Ruhe) zu strukturieren, und ist mindestens so wichtig wie die Anordnung der Versorgungseinrichtungen. 3 % Tageslicht, flackerfreies Licht (> 160 Hz), programmierte Dämmerphasen und eine Lichtintensität in Augenhöhe der Tiere von mindestens 20 Lux sind das Ziel. Das lässt sich durch Tageslichteinfall bei indirektem Licht erreichen, z. B. über Licht-Fensterbänke, einen Dachüberstand und traufseitige Anordnung.
In heißen Sommern Luft kühlen
„Auf die Kühlung kann man bei uns im Sommer nicht mehr verzichten“, darauf wies Christian Woltering, Fa. Big Dutchman, hin. Reine Umluftsysteme reichen nicht mehr – die Puten schaffen bei gleichen Innen- wie Außentemperaturen keinen Temperaturausgleich. Ziel müsse es sein, sie länger in ihrem Wohlfühlbereich zu halten und die Stalltemperatur eher bei 20 °C als bei 25 °C einzustellen. Als Zuluftkühlsysteme sind PAD-Kühlungen (die Zuluft wird durch eine feuchte Gitter- oder Vlieswand befeuchtet und dadurch abgekühlt) und Sprühkühlungen bekannt, bei denen Wasser mittels Sprühdüsen vernebelt wird. Die Sprühkühlung senke per Verdunstungskühlung die Temperatur im Tagesverlauf wirksam und begrenze ungünstig hohe Temperaturen auf eine kurze Zeit in der Tagesmitte. Sie sollte auch in der Putenaufzucht mehr eingesetzt werden. In der Putenmast verringere sie den Stress deutlich: Es gebe kaum mehr Hitzetote, die Puten blieben besser bei einer hohen Futteraufnahme und guten Tageszunahmen. Von der früher üblichen „Light-Fütterung“ bei hohen Temperaturen riet Woltering ab, vielmehr bräuchten die Tiere gerade dann hochenergetisches Futter für hohe Leistungen.
Zur Reduzierung hoher Temperaturen sei auch der Windchill-Effekt zu nutzen, also die Absenkung der Temperatur durch die Windgeschwindigkeit. Lüftung und Kühlung seien aufeinander abzustimmen; Lüfter im Putenstall müssten regelbar sein.
Woltering wies darauf hin, dass man heute von einem höheren Wasserbedarf für die Sprühkühlung ausgehe; die Pumpe müsse mehr als doppelt so viel Wasser pro Stunde vernebeln. Bei hoher Luftfeuchte wirke Sprühkühlung kaum noch. Dann gehe eine Temperaturminderung nur über höhere Luftgeschwindigkeiten am Tier.
Ätherische Öle und Säuren für den Darm
Der Einsatz ätherischer Öle über das Tränkewasser beeinflusst die Darmstabilität und die Besiedlung des Darms mit Bakterien positiv. Darauf ging Thore Petersen, Fa. Eilers Futtermittel, ein. Der erstrebte Zustand ist die Eubiose, die ausgewogene Besiedlung des Darms mit günstigen Keimen, die die Verdauung unterstützen, die Ansiedlung pathogener Keime verhindern und das Immunsystem stimulieren. Ätherische Öle fördern Appetit und Wachstum, unterstützen die Enzymproduktion, mindern verdauungsbedingte Stressfaktoren und verbessern die Futterverwertung.
Dafür kommen viele natürliche Zusätze infrage, z. B. der Gelbe Senf, der als antibakteriell, fungizid und schleimlösend gilt. Baldrian, Hopfen, Lavendel, Johanniskraut und Mineralsalzkomplexe wirken günstig in Stresssituationen, beim Vorgriff und bei der Endausstallung.
Organische Säuren (Ameisen-, Propion-, Milch-, Zitronen- und Sorbinsäure) können sich positiv auf Futterverwertung, das Futter-Wasser-Verhältnis, die Tränkehygiene und die E.-coli-Prophylaxe auswirken. „Die Mischung macht es“, zeigte sich Petersen überzeugt, mit solchen Zusätzen die Tiere gesund zu halten und Medikamente zu minimieren. Er appellierte, es selbst auszuprobieren. Jeder Betrieb und jede Herde sei anders, es gebe keine Patentrezepte.
Wie niedrig darf der pH-Wert sein?
Derzeit werde stark diskutiert, wie weit der pH-Wert in der Tränke mittels organischer Säuren gesenkt werden könne, ohne negative Effekte auf die Wasseraufnahme der Puten. Darüber informierte Christoph Hutter, Fa. Addcon. „Hier ist zu schauen, was vertragen die Tiere und was verträgt auch die Technik?“, meinte Hutter. Teilweise würden Puten sehr niedrige pH-Werte (pH 2) vertragen. Eine der am breitesten wirkenden Säuren ist die Ameisensäure, die die Bekämpfung pathogener gramnegativer Bakterien unterstützt. Emulgatoren helfen, die Oberflächenspannung der Bakterien zu verringern, damit diese Wirkung eintreten kann. Wichtig sei es, die Säuren und Zusätze an den Ort des Geschehens zu bringen, z. B. mit gekapselten Säuren. Über das Thema wird Hutter noch im DGS-Magazin berichten.
Über die Ausführungen von Tierärztin Dr. Alexandra Engels wird ebenfalls noch ausführlicher in der DGS eingegangen. Sie stellte den Darm als das zentrale Organ der Puten für die Immunabwehr heraus. Vor allem die Darminfektionen Kokzidiose und Clostridiose machen den Puten häufig zu schaffen. Die Infektion mit Clostridium (Cl.) perfringens Typ A (D) führt zur Nekrotisierenden Enteritis (NE) mit schwer leidenden Tieren und einer Mortalität bis 10 %. In einem Feld-Impfversuch auf Putenbetrieben in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erprobte die Tierärztin die Wirkung eines jeweils stallspezifischen Clostridien-Toxoid-Impfstoffs. Ihr Fazit: Es gibt Hinweise, dass sich die durch NE bedingte Mortalität senken lässt, dass bakterielle Mischinfektionen von E. coli und Cl. perfringens in der Aufzucht abnehmen und dass sich die Uniformität und die Umstallgewichte durch die Impfung verbessern.
Autorin:
Luise Richard, Drensteinfurt